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Der jüdische Verein "Sängerbund, ca. 1900

Vereine

Jüdisches Vereinsleben bildete sich etwa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, nachdem sich Christliche Vereine schon etwas früher etabliert hatten.

Am .9. Januar 1845 wird die Lesegesellschaft mit dem Namen „Israelitische Ge­sellschaft zur Eintracht" gegründet. Sie wird von Moritz Dukas geführt und hat anfangs 29 Mitglieder, die „das Interesse am geistigen Leben & die unterhaltende Geselligkeit unter seinen Mitgliedern zu fördern" beabsichtigen. „Inmitten der Verflachung unserer Zeit soll der Verein eine Stätte bilden zur Pflege & zum Genuss al­les Wahren, Schönen & Guten". 1874 ist Samuel Kahn Vereins-Präsident. Das Vereinslokal ist im oberen Stock der Gastwirtschaft „Zum wilden Mann".

Der jüdischer Gesangverein „Sängerbund" wird am 17. Mai 1862 ins Leben gerufen. Rabbiner Emanuel Dreyfus hatte dem Bezirksamt mitgeteilt, dass „dieser Gesangverein sich die Mitwirkung beim Gottesdienste und mithin die zeitgemäße Hebung desselben zur Aufgabe gemacht hat", und die Kreisregierung gebeten, dem Verein die Bestätigung zu erteilen. Am 18. März 1886 zeigt der „Präsident" des „israelitischen Sängerbundes", Leo­pold Dukas, dem Bezirksamt an, „dass wir am Sonntag den 21. dieses Monats zu Ehren seiner Majestät des Deutschen Kaisers eine Abend-Unterhaltung im Gast­haus zum Rebstock zu veranstalten beabsichtigen". Er bittet dazu um Verlängerung der „Polizeistunde bis 2 Uhr morgens". 1896 hat Gustav Weil das Präsidium inne, in der Zeit um 1900, der Entstehungszeit des Fotos, ist Heinrich Kahn der Präsident des Sängerbundes.

1885 Gründung des Israelitischen Frauenvereins Sulzburg. Zweck: Unterstützung Ortsansässiger und Kranker. Vorsitzende Auguste Dukas Witwe. Der Frauen­verein hat den Zweck „seine Mitglieder bei Erkrankungen und im Wochenbette, sowie in denjenigen Fällen in welchen die Chevra-Kadischa nicht einzutreten hat, durch Pflege, Wartung und Geldmittel zu unterstützen". Die Chevra-Kadischa ist die Vereinigung, die sich bei Todesfällen der Verstorbenen annimmt, den Toten bewacht, den Leichnam wäscht, die Totengebete spricht und die notwendigen Vorkehrungen für die Bestattung trifft. Im Frauen­verein waren auch christliche Familien vertreten. 1891 ist Henriette Weil Vorsitzende des Vereins, der 1932 noch 29 Mitglieder hatte.

Nach 1918 schließen sich - einem allgemeinen Trend entsprechend - Juden und Christen in Sulzburg im gemischten "Chor Frohsinn" zusammen. Die Leitung hat der jüdische Zahnarzt Gustav Bloch und der katholische Hauptlehrer Alfons Kind ist der Dirigent.

Stiftungen

Wohltätige jüdische Stiftungen haben eine lange Tradition. Weil es keine öffentliche soziale Hilfe für Juden gab, mussten sie selbst für ihre Armen, Witwen und Waisen sorgen. Die etwas Wohlhabenderen richteten zur Unterstützung der Minderbemittelten und für die unterschiedlichen Lebenslagen Stiftungen ein. So ist die Liste der Sulzburger Stiftungen recht umfangreich:

  • Die David Weil-Marx `sche Beth-Hamidrasch­ Stiftung vom 20. Oktober 1858, die 1858 einen Ver­mögens-Bestand von zirka 13 800.- Mark aufwies. Zweck der Stiftung: Erteilung eines erweiterten Re­ligionsunterrichtes. David Weil, der Stifter, lebte von 1811 bis 1857.
  • Die Marx Bloch`sche Mädchen-Aussteuer-Stiftung mit einem Vermögen von 9100.- Mark. Errichtet um 1859. Marx Bloch war Vorsteher der israelitischen Ge­meinde Sulzburg. Er lebte von 1802 bis 1875. Diese Stiftung wurde von dem am 29. März 1875 verstorbe­nen israelitischen Vorsteher Marx Bloch in Sulzburg te­stamentarisch errichtet. Zweck der Stiftung: Von dem Zinsertrag sollen alle drei Jahre ein armes oder bedürftiges Mädchen israelitischer Konfession bei seiner Verheiratung ausgesteuert werden, welches weder selbst, noch durch seine Eltern, die zur Ver­heiratung erforderlichen Mittel aufzubringen ver­mag.
  • Die Jakob Kahn, Moses Sohn-Stiftung. Laut Testament vom 16. April 1883 mit einem Vermögens-Bestand von 3 620,- Mark errichtet. Zweck: Unterstützung armer Israeliten Sulzburgs. Der Stifter Jakob Kahn lebte von 1842 bis 1883.
  • Die Marx Bloch'sehe Witwe Stiftung (Helene Bloch, geb. Meier). Lt. Testament vom 24. November 1884 mit einem Vermögen von 4000,- Mark errichtet. Die Zinsen des Kapitals sollen alle drei Jahre zur Unter­stützung dreier israelitischer Kinder oder sonstiger be­dürftiger Israeliten, welche weder aus Privatmitteln noch aus der öffentlichen Armenpflege unterstützt wer­den.
  • Die vereinigte Israel-Stiftung. Sie wurde im Jahre 1884 durch Vereinigung von 4 Stiftungen gebildet, nämlich:
    • Landrabbiner Isaak Kahn-Stiftung: 50 fl, Zeit der Stiftung nicht mehr zu ermitteln. Isaak Kahn, Landrabbiner in Sulzburg, stiftete diese Summe.
    • Moses Weil'sche Gebetstiftung: Gestiftet von Mo­ses Weil (?). Schwiegervater von Rabbiner Isaak Kahn, der von 1688 bis 1770 lebte, mit einem Ka­pital von 446 fl 30 kr.
    • Abraham Weil'sche Gebetstiftung: Gestiftet durch Abraham Weil lt. Testament vom 13. März 1862 mit einem Kapital von 400 fl = 685,- Mark.
    • Raphael Bloch'sehe Stiftung vom Jahre 1879 mit einem Kapital von 600,- Mark.
  • Josef Kahn-Stiftung
  • Jakob Kahn, David Sohn Brezel-Stiftung
  • Salomon Bloch'sehe S. S. Aussteuer-Stiftung. Der am 23. April 1888 verstorbene Salomon Bloch in Sulzburg stiftete durch eigenhändiges Testament ein Kapital von 16.300,- Mark zur Gründung einer Brautaussteuer-Stiftung. Die Zinsen des damals beträchtlichen Stiftungskapitals waren zu knapp zwei Dritteln dafür bestimmt, die Aussteuer eines „nicht hinlänglich zur Heirat Vermögen besitzendes Mädchen oder Witwe israelitischer Convession“, vorwiegend einer „Erbverwandten“ zu finanzieren.
    Ein Teil der Zinsen war gedacht als Beitrag für die Anstellung eines Ortsrabbiners. Weitere Zinsen waren dafür vorgesehen, im badischen Oberrheinkreis ein israelitisches Waisenhaus bzw. ein israelitisches Spital zu errichten, darüber hinaus für israelitische Arme und bedürftige Kranke. Ebenso sollten eine Kerze und Gebete zur Jahrzeit, d.h. zu den Sterbetagen des Stifters und seiner Frau, finanziert werden.
  • Löw & Baruch-Dukas'schen Stiftung, 1878, unterstützt „Arme Cultusgenossen" finanziell.
  • Der verstorbene Jakob Kahn Moses Sohn hinterlässt 1885 der jüdischen Gemeinde Sulzburg sein Wohnhaus, damit darin arme Israeliten aus der Stadt untergebracht werden können.

Auch in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts werden in Sulzburg wohltätige Stiftungen errichtet. In ihnen haben viele Stifter auch Nichtjuden als Nutznießer einbezogen.

Quelle: KLD, S; MB;