Lewy, Rudolf

Zur Person
NachnameLewy
VornameRudolf
Weitere geführte NamenErnst, Rule
Geboren28.03.1915 Berlin
Gestorben28.01.2015 Freiburg
ElternSigismund Lewy und Margot Agnes Schröder
Verheiratet mit1. Käthe Ehrenhaus (gestorben 1974)
2. Tong Hee Kim
Kindermit 1. Raffael und Ronald (Ron)
mit 2. Gabriel und Daniel
Wohnort(e) Berlin, Jerusalem, Seoul, Swasiland, Sulzburg, Freiburg
Beruf
Ingenieur für feinmechanische Instrumente, Organisator für berufliche Ausbildung
Funktion
Weitere Informationen
 
Nachruf auf Rudolf Lewy
 

Am 28. Januar ist Rudolf Lewy, zwei Monate vor seinem 100. Geburtstag, bei wachem Bewusstsein gestorben. Jeder, der diesen kleinen, zierlichen Mann kennenlernte, war beeindruckt von seinem freundlichen-bescheidenen Auftreten, seinem interessierten, stillen Zuhören.

Wer war Rudolf Lewy, dem man täglich auf seinen Spaziergängen in Sulzburg begegnen konnte?

Geboren während des Ersten Weltkriegs 1915 in Berlin, wuchs er mit seinem Bruder in einem jüdisch-liberalen Elternhaus auf und entwickelte früh eine hohe technische wie musikalische Begabung. Motiviert von Martin Bubers Jugendbewegung, entschloss er sich bald, der NS-Diktatur zu entkommen. 1936 verließ er gemeinsam mit seiner Freundin und späteren Frau Deutschland, um in Palästina ein neues Leben zu beginnen. Ein Jahr später konnte er seine Eltern gerade noch rechtzeitig nachholen.

Als Feinmechaniker in Berlin ausgebildet, hatte er gelernt, meteorologische Instrumente und Fotoapparate zu bauen. Als der zweite Weltkrieg begann, ging er als Meteorologe und Übersetzer zur britischen Armee in Palästina, weil er überzeugt war, hier mehr gegen die Nationalsozialisten tun zu können als bei den jüdischen Truppen. Bei der englischen Luftwaffe hat er dann nicht nur Fliegen, sondern auch ein perfektes Englisch gelernt, das ihm im späteren Berufsleben den Zugang zu den Internationalen Organisationen erleichtern sollte. In diesen neun langen Jahren, in denen er in Ägypten und Palästina eingesetzt war, haben ihn seine Frau und sein erster Sohn selten zu Gesicht bekommen. Der Militärdienst hatte den Vorrang. Nach Gründung des Staates Israel wechselte er zunächst zum Israelischen Militär, übernahm dann aber bald Aufgaben im Arbeitsministerium. Eine seiner wichtigsten Tätigkeiten bestand dort darin, den Aufbau der beruflichen Bildung für die jungen Israelis zu organisieren. Damit war er offenbar so erfolgreich, dass ihn die Weltarbeitsorganisation ILO mit der Übernahme ähnlicher Organisations-Aufgaben für Thailand, Korea und Swasiland betraute.

Als sich Rudolf Lewy im Alter von 74 Jahren, nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit, mit seiner noch jungen zweiten Familie in Sulzburg niederließ, wusste er noch nichts von der jüdischen Vergangenheit dieser kleinen Stadt. Er begann aber bald sich für diese Geschichte zu interessieren und nahm mit dem Stadtarchiv Kontakt auf.

2004 schloss er sich unserer kleinen historischen Arbeitsgruppe an, die sich mit der jüdischen Geschichte Sulzburgs befasste. Kaum jemand sah hinter diesem freundlich bescheidenen, nun bereits 89-jährigen Mann die Weltläufigkeit und Arbeitserfahrung, die ihm eigen war. Ideologien und Worte ohne Taten waren ihm zuwider. Er wollte nicht reden, sondern zuhören und handeln. Nur wer erlebte, wie er mit der größten Leichtigkeit von der deutschen  in die hebräische und englische Sprache überwechselte, ahnte etwas vom Hintergrund dieses unscheinbaren Mannes. Für die historische Arbeitsgruppe, die „Initiative Jüdische Spuren in Sulzburg“, war er eine unschätzbare Hilfe. Er konnte die alten Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof lesen und übersetzen und viele Zusammenhänge erklären. Für keine der Aufgaben, die in der Arbeitsgruppe anfielen, war er sich zu schade. Er führte an seinem Computer die Personenlisten der früheren jüdischen Einwohner, verglich Übersetzungen, führte Besucher über den Friedhof, half beim Vermessen des Friedhofsareals und beim Kartieren der Gräber. Er war immer ansprechbar. In den Kontroversen der Gruppe suchte er stets zu vermitteln. Er pflegte einen respektvollen, menschlichen Umgang und er schätzte unsere Gruppe, weil sie ihm ein seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechendes Betätigungsfeld bot. Nach einem Schlaganfall 2007 musste er seine Tätigkeiten mehr und mehr einschränken, doch seine Wachheit, Freundlichkeit und Aufmerksamkeit für seine Mitmenschen blieben ihm bis zuletzt erhalten.

Die Mitglieder der „Initiative Jüdische Spuren in Sulzburg“ sind dankbar für die gemeinsame Zeit mit Rudolf Lewy.

Zu ergänzen wäre noch, dass wir Rudolf Lewy auch die deutsch-israelischen Konzerte 2012 und 2014 in der ehemaligen Synagoge und in Sankt Cyriak verdanken. Seinem Sohn Ron und dessen Frau Maly, beide Musiker in Haifa, war es eine Freude, in Zusammenarbeit mit dem Sulzburger Gesangverein ihre Lieder und Chorstücke in Sulzburg erklingen zu lassen.

aktuell_rudolf_2004                 aktuell_rudolf_2008                 aktuell_rudolf_2013
 2004                                              2008                                              2014

Rudolf Lewys Wunsch entsprechend wurde er in Israel, in Sde Nehemia, dem Kibbuz seines ältesten Sohnes beigesetzt.

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Letzte Änderung: 31. März 2015