Die ehemalige Synagoge
Das Synagogengebäude stammt aus den Jahren 1821/22. Architekt war der Lörracher Bezirksbaumeister Johann Ludwig Weinbrenner, ein Neffe des Karlsruher Baumeisters Friedrich Weinbrenner. Das Gebäude zählte zu den frühen Synagogenbauten des badischen Landjudentums und vermittelt in seinem restaurierten Zustand heute einen Eindruck, wie damalige Synagogen ungefähr aussahen. Die Synagogenbauten dieser Jahre zeugen vom wachsenden Selbstbewusstsein der jüdischen Gemeinden, deren Mitgliedern das Badische Judenedikt 1809 die bürgerliche Gleichstellung zusicherte und die durch ein Gesetz von 1815 von der Zahlung des Schutzgeldes befreit wurden.
Im Oktober 1822 war der Bau der Synagoge abgeschlossen und anschließend feierlich eingeweiht worden. Sie bot Raum für die 80 Männer und Frauen, die damals zur Gemeinde gehörten, war aber für eine größere Personenzahl ausgelegt. Der Bauplan ähnelte dem für Dorfkirchen. Statt eines Dachreiters wurden über der Giebel-Fassade Gesetzestafeln angebracht. Zwei Säulen vor dem Eingang sollen an den Tempel in Jerusalem erinnern. Das Innere war schlicht im klassizistischen Stil gehalten, aber überwölbt von einem Sternenhimmel, den man bisweilen in Synagogen findet.
In den 1870er Jahren wurde die Synagoge renoviert und im Inneren im Stil der Zeit mit Wand- und Deckenmalerei ausgeschmückt, die Fenster wurden differenzierter und reicher gestaltet. Auch das rituelle Bad, die Mikwe, unter der Nordostecke der Synagoge wurde neu eingerichtet. Den Abschluß der Renovierungsarbeiten im Jahr 1879 feierte die gesamte Bürgerschaft von Sulzburg mit der jüdischen Gemeinde.
Am Tag des Pogroms, am 10. November 1938, wurde die Synagoge geschändet, das Innere vollständig zerstört, die Thorarollen in den Schmutz geworfen. Anschließend sollen einige Männer die Rollen grölend um den Marktplatz getragen haben. Da man Sorge hatte, dass die Nachbarhäuser in Brand geraten könnten, wurde die Synagoge nicht angezündet. Das Gebäude ging anschließend in den Besitz der politischen Gemeinde Sulzburg über. Im sogenannten Übereignungsvertrag vom 09. Juni 1939 zwischen Leo Weil als Vertreter des Synagogenrates und Bürgermeister Josef Eggert heißt es in §1: „… Mit Rücksicht auf den baulichen Zustand des Gebäudes und die beträchtlichen Instandsetzungskosten, die die Erwerberin aufzuwenden hat, wird ein Entgelt nicht vereinbart.“
Im Oktober 1940 wurden die letzten in Sulzburg lebenden siebenundzwanzig Mitglieder der jüdischen Gemeinde in das Internierungslager Gurs deportiert.
Die Stadt Sulzburg überließ das Gebäude zeitweilig der Universitätsbibliothek Freiburg als Depot. Nach 1945 wurde das Synagogengebäude an den Oberrat der Israeliten in Karlsruhe zurück gegeben, der es 1954 an einen Privatmann für gewerbliche Zwecke verkaufte. Es wurde als Lagerraum und Fabrikhalle benutzt und wechselte mehrfach den Besitzer.
Ab 1964 fanden erste Besprechungen über die Rückführung der Synagoge in öffentlichen Besitz und über ihre Restaurierung statt, an denen neben Bürgermeister Hochstatter auch die Nachfahren Sulzburger Juden, Ludwig David Kahn und Hugo Bloch, sowie weitere Sulzburger beteiligt waren. Da das nötige Geld für den Kauf fehlte, zog man 1974 den Abriss des Baus in Erwägung. Schließlich konnte 1976 mit den Erben der letzten Besitzer eine Einigung erzielt werden. Der Oberrat der Israeliten hatte kein Interesse an dem Gebäude, so dass 1977 die Stadt Sulzburg die ehemalige Synagoge erwarb. Gleichzeitig beschloss das Landesdenkmalamt eine umfassende Substanzsanierung, die in den folgenden Jahren - nach gründlichen Überlegungen zur Art und Weise der Gestaltung - durchgeführt wurde.
Der Architekt der Restaurierung und Hugo Bloch
Ludwig David Kahn, dessen Vater gebürtiger Sulzburger war und der in Basel lebte, sowie Hugo Bloch, in Sulzburg geboren und in München wohnhaft, hatten den Wunsch, dass in Sulzburg wieder eine jüdische Gemeinde entstehen sollte, was sich bis heute (2014) nicht erfüllt hat. Diesem Ziel sollte auch die Anna und Hugo Bloch-Stiftung dienen. 1984 wurde die ehemalige Synagoge schließlich mit einem großen Festakt als Haus der Begegnung eingeweiht, als Gedächtnis-, Lern- und Begegnungsstätte. Sie soll die Kultur des badischen Landjudentums bezeugen und der Darstellung der Ergebnisse der örtlichen und regionalen Geschichtsforschung dienen.
Bis Anfang 1995 wurden schrittweise weitere Restaurierungsarbeiten durchgeführt.
Seit 1989 besteht der „Freundeskreis ehemalige Synagoge Sulzburg e.V., der für die inhaltliche Arbeit in der ehemaligen Synagoge verantwortlich ist.
Siehe auch: Gustav-Weil-Straße 18 (Stadtplan Nr. 41)