Ansiedlung im Mittelalter

Aus einem in Colmar archivierten Dokument geht hervor, dass offenbar schon 1409 Juden in Sulzburg lebten. Unter Markgraf Ernst von Baden-Durlach (1482 - 1553) durften sie gegen Zahlung hoher Schutzgelder und besonderer Abgaben hier siedeln. 1528 wurden Juden erstmals in Sulzburg urkundlich erwähnt. Sie durften mit Waren und Vieh handeln, aber keine Landwirtschaft betreiben und kein Handwerk ausüben. Hinter der Stadt im Sulzbachtal wurde ein jüdischer Friedhof angelegt, und 1546 wurde den Juden erlaubt, in einem ihrer Häuser eine „schul oder sinagog“ einzurichten.

Nach 1577 wurden im badischen Oberland keine neuen Schutzbriefe ausgestellt. Die Sulzburger Juden mussten die Stadt nach Ablauf ihrer Schutzfrist verlassen.

Neuansiedlung im 18. Jahrhundert

Ab 1716 erhielten einige Familien durch Vermittlung des Breisacher Juden Josef Günzburger die Erlaubnis, in Sulzburg zu siedeln. 1727 zog der Rabbiner David Kahn aus Breisach nach Sulzburg, wo er und seine Nachfolger bis 1886 als Landrabbiner der oberbadischen Juden amtierten. Unweit des alten „Judenkirchhofs“ wurde 1718 ein neuer Friedhof angelegt.

1808 wurde der Orientalist Gustav Weil in Sulzburg geboren. Er übersetzte u.a. die Geschichten aus „Tausend und einer Nacht“.

1822 wurde in der heutigen Gustav-Weil-Straße eine stattliche Synagoge errichtet, die seit der Restaurierung als Gedenkstätte dient.

1837 erwarb die jüdische Gemeinde das Gebäude des ehemaligen markgräflichen Marstalls für ihre bereits 1795 gegründete jüdische Konfessionsschule. Diese Schule blieb bestehen bis zur Einführung der konfessionell gemischten Schulen in ganz Baden im Jahr 1876.

Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts wuchs die jüdische Gemeinde, bis sie um 1864 mit 416 Seelen etwa ein Drittel der Stadtbevölkerung umfasste.

Die jüdische Gemeinde war für die Sozialfürsorge ihrer Mitglieder verantwortlich. Wohltätige Stiftungen zur Unterstützung der Armen, Witwen und Waisen wurden von Privatleuten gegründet. Außerdem gab es eine Lesegesellschaft, einen Gesangverein und einen Frauenverein. Juden waren selbstverständlich auch Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr. Der für den Kultus wichtigen Beerdigungs-Verein „Chevra Kadischa“ bemühte sich um Kranke und Sterbende.

Gleichstellungsbestrebungen 1807- 1933

Seit den Konstitutionsedikten von 1807 und 1808 waren die badischen Juden zwar Staatsbürger, nicht aber Gemeindebürger. Dies bedeutete, dass sie weiterhin von den Zünften ausgeschlossen waren, kein kommunales Wahlrecht hatten und sich nur in jenen Ortschaften, in denen schon bisher Juden gewohnt hatten, niederlassen durften. Der Oberrat der Israeliten in Baden und die badischen Regierungen unter Großherzog Friedrich und seinen Nachfolgern bemühten sich, die Ausbildung von jungen Juden zu Handwerkern und Bauern zu fördern. In Sulzburg verdienten jedoch die meisten Juden ihren Lebensunterhalt weiterhin in den traditionellen Berufszweigen im Handel sowie als Metzger und Bäcker, aber es gab auch einige Handwerker und Nebenerwerbsbauern.

Erst 1862 wurden die Einschränkungen durch das „Gesetz zur bürgerlichen Gleichstellung der Juden“ aufgehoben. In Sulzburg warf man allerdings aus Protest gegen die Gleichstellung dem Rabbiner, dem Lehrer und anderen jüdischen Bürgern die Fenster ein.

Bis zur Jahrhundertwende verließ infolge der schlechten Wirtschaftslage auf dem Land und der besseren Ausbildungs- und Verdienstmöglichkeiten in den Städten die Hälfte der jüdischen Einwohner Sulzburg und zog in die größeren Städte oder ins Ausland.

Ab Ende des 19. Jahrhunderts wehrten sich auch in Sulzburg die Juden gegen den erstarkenden organisierten Antisemitismus. Die Risse innerhalb der Einwohnerschaft wurden nach dem Ende des 1. Weltkriegs tiefer, obwohl die Juden als überzeugte Patrioten am Krieg teilgenommen, Leben und Gesundheit eingesetzt hatten und auch ausgezeichnet wurden.